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Montag, 7. Januar 2019, 17:09

Holzkohle als Substratzusatz

Hallo zusammen,

ich lese hier im Forum immer wieder, das Holzkohlengries als Zuschlagstoff zum Einsatz kommt. Beim Recherchieren dazu habe ich gelesen, das Kohlegries ein sehr guter Wasserspeicher ist. Doch das sind andere Zuschlagstoffe auch. Oder liegt das daran, das Kohlegries eine desinfizierende Wirkung zugeschrieben wird?
Denn ich meine mal etwas gelesen zu haben, das im Falle einer fauligen Stelle das matschige Gewebe weggeschnitten wird, und die Stelle anschließend mit Kohle bestäubt wird.

Des Weiteren frage ich mich, ob Holzkohle wirklich so gut geeignet ist. Da ich seit einem Jahr wieder ein Südamerika-Aquarium betreibe, wollte ich auch möglichst weiches Wasser haben. Dafür habe ich Regenwasser mit Aktivkohle gefiltert, was schon früher sehr gut funktioniert hat (wie ich bislang dachte). Die Fische haben das bestens vertragen, doch die Pflanzen darin kümmerten in Rekordzeit (was früher nicht aufgefallen ist, das ich damals keine Pflanzen im Becken hatte). Als ich dann diesen Sommer trockenbedingt auf eine Osmoseanlage umgestiegen bin, haben sich alle Pflanzen zügig erholt, und zeigen nun auch wieder Farbe. Das gefilterte Regenwasser konnte ich somit auch als Ursache für meine Probleme mit den Karnivoren ausmachen.

Ist es so, das Aktivkohle etwas gänzlich anderes ist als Holzkohle/Pflanzenkohle? Vielleicht war ich diesbezüglich ziemlich naiv, doch ich hätte eher erwartet, das mir meine Fische signalisieren würden, das etwas nicht stimmt, statt meiner Pflanzen...

Schon einmal vielen Dank für eure Hilfe.

Viele Grüße, Ralf

2

Dienstag, 8. Januar 2019, 13:33

Sehr gute Frage Ralf, da würde mich auch manches interessieren. Ich gebe Kohlegries (im Icecrusher selbst aus Grillkohle gemacht; staubt wie blöd) v.a. bei tiefen Töpfen dazu, da es das Substrat auflockert, sehr strukturstabil ist und eine desinfizierende Wirkung wohl da sein müsste. Dass sie Wasser speichert wusste ich noch nicht, dachte immer das Gegenteil...
Aktivkohle glaub ich ist nur feiner, daher größere Oberfläche und mehr Wirkung; sicher bin ich mir da aber auch nicht.
Kurz, ich gebe sie aus Gewohnheit Inder Hoffnung, dass es was bringt, dazu.
Wäre spannend mehr drüber zu erfahren...
Michael

3

Mittwoch, 9. Januar 2019, 10:24

Hallo Ralf,

was Du schilderst, ist schon eigenartig und evtl etwas komplexer...

Holz- und Aktivkohle sind von Grundsubstanz her eigentlich dasselbe – organische Substanz, die unter Sauerstoffabschluß erhitzt wird (Pyrolyse) und wonach hauptsächlich (rel reiner) Kohlenstoff übrigbleibt; bei Holzkohle 80 - 90 % Kohlenstoff, der Rest ist Asche (Oxide, Carbonate, Metalle).
Holzkohle an sich hat schon ein sehr hohes Porenvolumen (, weshalb sie auch gut Wasser speichern kann).

Wenn die Kohle aktiviert wird, wird ein Teil des Kohlenstoffs in der Kohle zu Kohlenmonoxid „verbrannt“, so dass die Porosität noch einmal extrem gesteigert wird und somit die Adsorptionsfähigkeit der Kohle auch noch einmal stark gesteigert wird. Sie innere Oberfläche von Aktivkohle berträgt 300 – 2000 m²/g !

Holzkohle und Aktivkohle bilden in Verbindung mit Wasser aufgrund der enthaltenen Alkali- und Erdalkalimetalloxide und/oder -hydroxide und/oder –carbonate eine alkalische Lösung (hoher pH-Wert von 8 -9 ).
Ich denke daher, dass das Problem bei Deinen Karnivoren ein pH-Wert-Effekt ist. Hast Du einmal Regenwasser, dass nicht aktivkohlegefiltert war bei den Karnivoren ausprobiert?

Dieser pH-Wert-Effekt ist bei der Verwendung von Holzkohlengries als Substratzusatz vermutlich nicht so durchschlagend, da wir (zumindest ich) ja in der Regel torfbasierte Substrate verwenden.

Wenn Du die Möglichkeit hast, wäre es aufschlussreich, einmal den pH-Wert des aktivkohlegefilterten Wassers zu messen.

Hope this helps,
Bernhard.

4

Mittwoch, 9. Januar 2019, 11:55

Danke, Bernhard, für Deine Erläuterungen, sehr spannend! Da merke ich, dass die Schulchemie schon ne Weile her ist...
Ist die desinfizierende Wirkung von Kohle dann den löslichen Metallverbindungen geschuldet oder ist sie ein Mythos und beruht hauptsächlich auf der schnellen Austrocknung von Wundstellen an Knollen?
Michael

5

Mittwoch, 9. Januar 2019, 18:52

Hallo Bernhard,

Ich bin sprachlos...dein Wissen scheint ja grenzenlos. Wahnsinn, und vielen Dank.

Mich hat eben verwundert, das die Fische damit gut zurecht kamen, die Pflanzen jedoch gar nicht.

Was mich jetzt noch interessiert, ist Michaels Frage bezüglich der desinfizierenden Wirkung...ist da was dran?

Viele Grüße Ralf

6

Donnerstag, 10. Januar 2019, 01:06

Hallo zusammen :D

Carbo vegetabilis - nicht´s anderes als Holzkohle - wird auch in der Medizin, bzw. Naturheilkunde verwendet. Und schon ziemlich lange... Zum einen als Wundpuder, weil sie die Wunde austrocknet und antiseptisch wirkt, zum anderen auch innerlich weil sie Giftstoffe bindet.

Die Beauty Industrie setzt sie ebenfalls ein.

Auch als Pflanzendünger und Fäulnishemmend taucht sie immer wieder auf. Man findet im Inet zahlreiche Artikel über sie, allerdings bräucht man wohl einen Chemiker oder Biologen der die Wirkungsweise genau erklären kann.
Aus Wikipedia:
Als Bodenverbesserer macht Holzkohle den Boden locker und wirkt außerdem durch ihre Adsorptionsfähigkeit für Ammoniak und Kohlensäure. Zierpflanzen mit faulenden Wurzeln können geheilt werden, wenn sie in mit Kohle gemischte Erde gebracht werden. Große Wunden an Saftgewächsen heilen leicht, wenn man sie mit Kohlenpulver bestreut, auch kann man solche Gewächse, Knollen und Samen für einen längeren Transport gut in Kohle verpacken. Seit kurzem wird Holzkohle auch als wiederentdeckter Bodenhilfszusatzstoff im Gartenbau und in der Landwirtschaft diskutiert unter dem Namen Pflanzenkohle (auch Biokohle oder biochar) oder Terra preta.


Wegen der Aktivkohle im Aquarium - es gibt verschiedene Herstellungsarten... Aktivkohle hat, wie erwähnt, eine größere Oberfläche und kann dir so auch Spurenelemente, die die Pflanzen ja dringend brauchen, aus dem Wasser ziehen wenn du länger über sie filterst. Eigentlich sollte sie nur kurz eingesetzt werden. Weiterhin bietet sie wohl den besten Nährboden für Mikroorganismen - was im Aquarienwasser problematisch werden kann.

Was ich mir vorstellen könnte - die Holzkohle kann ja auch nicht unbegrenzt aufnehmen - wenn das Substrat nicht regelmäßig erneuert wird, könnts evtl Probleme geben, bzw. der positive Effekt verloren gehen...

Was man zur Asorptionseigenschaft der Holzkohle so findet- ein Wiki Artikel:

Die Holzkohle war und blieb unentbehrlich als Adsorbens und Filter, Klärmittel in vielen Bereichen.[24] Holzkohle, deren fein gegliederte Oberfläche viele unerwünschte organische Substanzen bindet, kann auch als Aktivkohle zum Filtern und Reinigen diverser Stoffe eingesetzt werden. Zum Beispiel bei der Herstellung von Wodka, als Kohletablette bei Durchfall oder für Filter von Gasmasken. Im Allgemeinen adsorbiert bei niedriger Temperatur hergestellte Kohle am stärksten. Kohle adsorbiert Sauerstoff und wird dabei oxidiert. Dieser reagiert beispielsweise mit Schwefelwasserstoff zu Schwefelsäure und Wasser, mit Ammoniak zu Ammoniumnitratund mit Ammoniumhydrogensulfid zu Ammoniumsulfat.
Auch Fäulnis­produkte werden energisch zerstört. Mit Kohle umgebenes Fleisch zersetzt sich erst nach längerer Zeit, und zwar ohne Fäulniserscheinungen. Kohle adsorbiert auch Gerüche. Übelriechendes, fauliges Wasser kann durch frisch ausgeglühte Holzkohle gereinigt und Weingeist von Fuselölen befreit werden.
Aber die Kohle wirkt nicht auf die im Wasser enthaltenen mikroskopischen Organismen (Bakterien usw.), und beim Filtrieren des Wassers durch Kohle gehen dieselben durch den Filter; das Wasser wird also geruchlos, aber nicht von den Krankheiten übertragenden Organismen befreit. Kohle kann einige große, unpolare, organische Wasserinhaltsstoffe zurückhalten, z. B. chlorierte Kohlenwasserstoffe, Pflanzenbehandlungsmittel oder Medikamente. Aber Schwermetallionen (z. B. von Blei), Nitrat und Calcium/Magnesium (Kalk) lassen sich durch dieses Verfahren nicht herausfiltern.
Holzkohle adsorbiert auch
Farbstoffe, insbesondere wirkt die stickstoffhaltige Kohle (Knochenkohle in erster Reihe) stark entfärbend.
Salze von der Kohle adsorbiert, und darauf beruht zum großen Teil der Wert der Knochenkohle für die Zuckerfabrikation.
Bitterstoffe, Glycoside, Kohlenhydrate, besonders Alkaloide, werden ebenfalls adsorbiert.


Viele Grüße, Sonja

7

Donnerstag, 10. Januar 2019, 10:45

Danke Sonja, das heißt also in kurz; die Kohle verhindert Fäulnis nicht, aber man merkt sie nicht mehr...?
Michael

8

Donnerstag, 10. Januar 2019, 11:51

Du meinst weil man nichts mehr riecht? :icon_winkgrin:

Also so wie ich es in den meisten Artikeln verstanden hab - sie verhindert Fäulnis.... Darauf wird immer wieder hingewiesen. Evtl wär doch mal ein Chemiker/Biologe nicht schlecht, der die Zusammenhänge erklären könnte. Das wär extrem interessant. Dem werd ich mal nachgehen.
Nach eigenen Erfahrungen heilen Wunden an den Knollen mit Kohle schneller ab - und sie trocknet die Knolle wohl auch nicht so aus wie Zimt das beispielsweise macht. Aber wie gesagt, bevor ich mich unwissend um Kopf und Kragen schreib, schau ich mal ob ich jemand kenne der das beantworten kann :icon_idea2:

Hierzu nochmal die beiden Zitate, dann braucht man nicht den ganzen Beitrag durchforsten :D

Als Bodenverbesserer macht Holzkohle den Boden locker und wirkt außerdem durch ihre Adsorptionsfähigkeit für Ammoniak und Kohlensäure. Zierpflanzen mit faulenden Wurzeln können geheilt werden, wenn sie in mit Kohle gemischte Erde gebracht werden. Große Wunden an Saftgewächsen heilen leicht, wenn man sie mit Kohlenpulver bestreut, auch kann man solche Gewächse, Knollen und Samen für einen längeren Transport gut in Kohle verpacken.



Auch Fäulnis­produkte werden energisch zerstört. Mit Kohle umgebenes Fleisch zersetzt sich erst nach längerer Zeit, und zwar ohne Fäulniserscheinungen.

9

Donnerstag, 10. Januar 2019, 18:10

Hallo Sonja,

Vielen Dank für deinen Beitrag. Sehr interessant.

Viele Grüße Ralf

10

Samstag, 12. Januar 2019, 11:42

Hallo Sonja,

da stand ja: "Auch Fäulnis­produkte werden energisch zerstört." Aber hemmt die Kohle auch die Fäulnis selbst, also die Microorganismen, die es wohl braucht, im Unterschied zur Verwesung, aber was ich darüber gefunden hab ist recht schwammig und macht die Frage nach dem Effekt der Kohle nicht einfacher. Das ist tatsächlich ein spannendes Gebiet, wenn Du jemanden findest, der da mehr weiß, das wäre absolut genial!
Nachvollziehbar ist auf alle Fälle die Filter- bzw. Adsorptionsfähigkeit und die Erhöhung des pH-Wertes.
Michael

11

Sonntag, 13. Januar 2019, 00:54

Also, bisher kam ich nicht wirklich weiter -allerdings gab auch jemand zu bedenken, dass bei Fäulnisvorgängen in erster Linie Hefepilze zu Gange sind - und gegen diese wirkt die Kohle, während sie gegen Bakterien eigentlich nichts ausrichten kann. Es wird auch immer wieder darauf hin gewiesen, das sie dank der großen Oberfläche, perfekt zur Ansiedlung von Microorganismen ist. Ausserdem gibt´s scheinbar auch nen riesen unterschied zwischen Fäulnis und Verwesung... Ziemlich komplexes Thema. Da bedarf es mal 2, 3 ruhiger Stunden bis ich da - falls überhaupt - zufriedenstellend weiter komm.

Grüße, Sonja

12

Sonntag, 13. Januar 2019, 11:11

Weiß man wie die Kohle auf die Hefepilze wirkt?
Echt ein komplexes Thema, v.a. da die Schadstellen ja meist an der Oberfläche der Knollen auftreten und es so eine aerobe Zersetzung und damit, laut Netz, Verwesung wäre... Ich hab noch nix gefunden, was nicht schwammig genug war, um mich in Verzweiflung zu stürzen...
Michael

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